Heute morgen, am 31. Januar haben wir formalen Einspruch zur Wahl zum Studierendenparlamant der Georg-August-Universität eingelegt. Unser Kernpunkt ist dabei das Sitzzuteilungsverfahren d’Hondt. Das Verfahren bevorzugt stimmenstarke Listen bei der Sitzvergabe und benachteiligt dadurch kleinere Listen.
Nach dem Niedersächsischem Hochschulgesetz (NHG) gelten für die Wahlen der Studierendenschaft Wahlgrundsätze (§ 20 Abs. 2 (2) NHG):
Das Wahlrecht zu den Organen der Studierendenschaft wird in freier, gleicher und geheimer Wahl ausgeübt.
Zum Grundsatz der Gleichheit gehört auch, dass alle Stimmen möglichst gleich viel „Wert“ sein sollen, also einen möglichst ähnlich hohen Einfluss auf die Anzahl der Sitze im Studierendenparlament haben sollen. Und eben dieser Grundsatz wird durch das Verfahren d’Hondt verletzt.
Das lässt sich am Beispiel der diesjährigen Wahlen recht einfach verdeutlichen:
Dieses Jahr hat das Studierendenparlament 61 Sitze. Um nun eine konkrete (ganzzahlige) Anzahl an Sitzen für jede Wahlliste zu ermitteln, werden bestimmte Rechnenverfahren eingesetzt, die man Sitzzuteilungsverfahren nennt. Zwei bekanntere Sitzzuteilungsverfahren sind d’Hondt und Sainte-Laguë.
Der ADF als größter Liste stehen rechnerisch 21,6 Sitze zu, sie erhält aber nach dem d’Hondt’schen Verfahren 23 Sitze. Sie erhält nicht nur aufgerundete 22 Sitze, sondern wird durch einen weiteren Sitz über das ihr zustehende Maß hinnaus bevorzugt. Genauso erhält die Liste „Die Partei“ keinen Sitz obwohl sie mit einem erwarteten Wert von 0,9 Sitzen sehr viel näher an einem Sitz ist, als die ADF an ihrem 22. Sitz. Das Verfahren Sainte-Laguë verhält sich hier grundsätzlich anders. Im Unterschied zu d’Hondt versucht es Sitzanteile möglichst genau in ganze Sitze umzurechnen. In der Tat entspricht das genau dem Wahlgrundsatz der Gleichheit, denn eine möglichst genau Modellierung der Wählerstimmen ist gleichbedeutend mit einer Gleichgewichtung aller Stimmen.
Dieses Beispiel zeigt auch gut, warum der Unterschied zwischen den Verfahren d’Hondt und Sainte-Laguë sehr relevant ist. Typischerweise zeigt sich zwischen den Listen ADF, RCDS und LHG, sowie zwischen den Listen GHG, JuSo, ALL, SRK und der PARTEI eine stärkere Äffinität, diese Gruppen haben in der Vergangenheit bereits in einer Koalition den AStA gestellt.
In diesem Fall verliert der Block ADF, RCDS und LHG bei einem Wechsel auf das Verfahren Sainte-Laguë die Mehrheit, die sie durch die unfaire Struktur von d’Hondt bekommen.
Weiterhin bedeutet das Verfahren d’Hondt bereits seit Jahren eine strukturelle Benachteiligung des linken politischen Spektrums im Studierendenparlament. Dies liegt in der größeren Zahl und dem geringeren Stimmgewicht pro Liste begründet.
Zur Änderung des Sitzzuteilungsverfahrens ist eine 2/3 Mehrheit notwendig, die in der Vergangenheit nicht aufgebracht werden konnte [4]. Da das Verfahren den Wahlgrundsätzen widerspricht und damit nicht den rechtlichen Vorgaben genügt, haben wir uns gezwungen gesehen die Abschaffung dieses Verfahrens nicht länger der demokratischen Selbstkontrolle des Parlaments zu überlassen.
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Quellen und weitere Informationen zum Nachlesen:
- [1] Expertenanhörung in der 79. Sitzung des Ausschuss für Kommunale Fragen […] des Bayrischen Landtags. Abs. 8 und 9 der Befragung von Prof. Dr. Johannes Grabmeier (Seite 12) https://www.uni-marburg.de/de/fb01/professuren/oeffrecht/prof-dr-hans-detlef-horn/schriften/wortprotokoll.pdf
- [2] informeller Überblick über das Thema Sitzzuteilungsverfahren https://de.wikipedia.org/wiki/Sitzzuteilungsverfahren
- [3] Informationszusammenstellung, sowie Programme zu Generierung der obenstehenden Bilder https://gitlab.com/feconi/hw
- [4] TOP XVI. „Änderung des Sitzzuteilungsverfahrens für StuPa, FSP und weitere Gremien“ (Hans-Werner Hilse) http://stupa.uni-goettingen.de/wp-content/uploads/2015/07/20140227_protokoll-genehmigt.pdf