Hochschulwahlen 2024

Es ist wieder soweit! Die neuen Hochschulwahlen stehen an. Die digitale Wahl beginnt kommenden Montag, 15.01.24, 12 Uhr und ist bis zum Dienstag, 23.01.24, 12 Uhr geöffnet.

Wie man hier schon sehen kann, haben wir etwas an unserem Erscheinungsbild gearbeitet und zwei neue Logos bekommen ganz nach unserem Motto Grün und Technik:

Onlinewahlen

Derzeit findet an der Universität Göttingen eine Debatte darüber statt, ob die kommenden Hochschulwahlen online stattfinden sollen. Geführt wird diese Debatte auch im Lichte der Corona-Krise, die es fraglich macht, ob im Januar überhaupt Studierende in großen Zahlen in der Universität anwesend sein können. Vor diesem Hintergrund scheint die Möglichkeit einer Wahl von der eigenen Wohnung aus auf den ersten Blick attraktiv.

So hat die ADF sich in einer Pressemitteilung bereits für die Einführung ausgesprochen. Wir möchten in diesem Statement darlegen, warum wir eine solche Einführung für hochproblematisch halten würden, selbst wenn wir sicher wären, dass sie nur einmalig wäre. Dieses Thema ist im Übrigen kein Neues, so haben wir bereits in der Legislatur 2018/19 mit einem Antrag versucht, Online-Wahlen in der Studierendenschaft auszuschließen, konnten aber leider nicht die dafür notwendige 2/3-Mehrheit erreichen.

Woher kommt diese Ablehnung? (https://xkcd.com/2030/)

„Pro-Argumente“

Wir beziehen uns im folgenden zunächst auf die ADF-Pressemitteilung und dekonstruieren die dort genannten Argumente für Onlinewahlen.

„Onlinewahlen sind pandemiesicher“

Natürlich wäre die Infektionsgefahr bei Wahlen ohne Präsenz geringer. Das liegt allerdings nicht daran, dass man Wahlen im Vergleich zu anderen Veranstaltungen nicht angemessen durchführen kann, sondern daran, dass aktuell alle Präsenzveranstaltungen eine Infektionsgefahr aufweisen. Es gibt Möglichkeiten, auch eine „konventionelle Wahl“ (also Präsenzwahl, aber z.B. mit ausgeweiteter Briefwahl) unter strengen Hygienevorschriften durchzuführen und so die Infektionsgefahr zu minimieren. So könnte es etwa je nach Wetterlage auch Freiluft-Wahllokale in Pavillons geben oder Voranmeldungen für bestimmte Wahlzeiten, um zu lange Schlangen an den Wahllokalen zu vermeiden. Es gibt viele Möglichkeiten hier kreativ zu werden und aufgrund der großen Erfahrung, die die Universität aktuell im Umgang mit Präsenzveranstaltungen sammelt, denken wir, dass das vergleichsweise keine hohe Hürde ist.

In allen Bereichen müssen wir in der Krise teils sehr schwierige Abwägungen treffen. So werden etwa bei der Durchführung von Prüfungen zum Teil Präsenzformate durchgeführt und Demonstrationen werden weiterhin genehmigt, um das verfassungsgemäße Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu schützen. Auch die zwei ordentlichen Sitzungen des Studierendenparlaments in dieser Legislatur fanden in Präsenzsitzung statt, da sich alle anderen Optionen nicht einer geschlossenen Zustimmung des Parlaments sicher sein konnten. Nicht zuletzt, weil es an Erfahrung mangelte und Zweifel daran herrschten, inwiefern die Parlamentarier*innen ihre demokratischen Rechte und Pflichten ausüben können.

Diese Beispiele zeigen, dass Kompromisse zum allgegenwärtigen „Stay at home“ durchaus zulässig sind, sofern der Grund dafür wichtig genug ist. Natürlich finden all diese Dinge nicht wie gewohnt statt, sondern mit Maßnahmen, die einer gewissen Kreativität bedürfen, um das bestehende Risiko so weit wie möglich zu minimieren.

„Onlinewahlen sind barierefrei“

Die ADF argumentiert hier mit dem Wahlgrundsatz einer allgemeinen Wahl. Bemerkenswert an dieser Stelle ist, dass die weiteren Wahlgrundsätze, nämlich „geheim„, „frei„, „gleich“ und „öffentlich/transparent“ nicht erwähnt werden. Möglicherweise ist dies so, da alle diese weiteren Grundsätze durch Onlinewahlen empfindlich beeinträchtigt werden. Aber dazu später mehr.

Es ist leider so, dass die Gebäude der Universität in Teilen nicht gerade ein Musterbeispiel an Barrierefreiheit sind. Wahlstellen sind allerdings in der Regel so platziert, dass sie für Personen mit Beeinträchtigungen zu erreichen sind. Trotzdem kann jeder zusätzliche Weg eine Hürde sein, das gilt allerdings wieder grundsätzlich bei Präsenz – klar gibt es da Probleme, aber sie sind bei Wahlen nicht größer als bei allem anderen. Und tatsächlich gibt es u.A. genau deshalb immer die Möglichkeit zur Briefwahl, bei der man Wahlunterlagen zugeschickt bekommt und die Möglichkeit hat flexibel innerhalb von 2 Wochen abzustimmen. Briefwahl stellt in diesem Fall den Wahlgrundsatz einer allgemeinen Wahl sicher. Der Grundsatz ist also durch die Abhaltung einer konventionellen Wahl nicht verletzt. Im Gegenteil, wir halten es nicht für ausgeschlossen, dass im Falle einer Onlinewahl systematisch Menschen von einer Wahl abgehalten werden, die aufgrund nachvollziehbarer Gründe (s.u.) nicht an der Wahl teilnehmen wollen und können.

Ergänzend sollte man noch darauf eingehen, dass eine Onlinewahl aber auch neue Barrieren mit sich bringt. Dazu zählen technische Ausstattung, Bedienkompetenzen und – fast noch wichtiger – ein ausreichendes Selbstvertrauen in den Umgang. In der Theorie ist das einfach, in der Praxis zeigt sich aber, wie schwierig das ist. Jede*r von uns, selbst die technikaffinsten, hat regelmäßig Probleme im Umgang mit Technik, was technikaffine Personen auszeichnet ist ihre Fähigkeit mit Problem umzugehen und nicht, dass sie keine Probleme haben. Ebenso hat man bei der Onlinewahl typischerweise keine Ansprechpersonen vor Ort, die das Verfahren unterstützen und evtl. den Ablauf der Wahl erklären können.

Was wir hierbei nicht in Abrede stellen wollen, ist das enorme Potential für Digitalisierung, auch bei der Durchführung konventioneller Wahlen. So könnten z.B. die Wahllisten in digitaler Form eingereicht werden oder die Wähler*innenverzeichnisse in digitaler Form vorliegen, sodass die Wähler*innen nicht auf ein Wahllokal festgelegt sind. Auch die Beantragung der Briefwahl könnte in digitaler Form erfolgen, sodass man nicht darauf angewiesen ist, dass die Wahlbenachrichtigung an die korrekte Adresse geschickt wird. Hier lässt sich viel in Richtung Effizienz, Einfachheit und Komfort machen, selbst beim aktuellen Urnenwahl-System.

„Onlinewahlen sind komfortabel“

Zunächst wird argumentiert, die Durchführung einer konventionellen Wahl wäre sehr teuer, da viele Arbeitsstunden dafür aufgewendet werden müssen, die nicht in andere Aufgaben der Hochschule gesteckt werden können. Aus einer rein ökonomischen Perspektive ist das richtig.

Zwar ist auch eine Onlinewahl nicht ohne Aufwand und Kosten, auch diese muss ausgeschrieben, vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden. Außerdem lässt der Onlinewahl-Anbieter Polyas sich die Durchführung so einer Wahl einiges kosten (genaue Zahlen kennen wir leider auch nicht, das wird zwischen der Universität und dem Unternehmen ausgehandelt), trotzdem ist die Onlinewahl am Ende gewiss günstiger.

Auch sind sie komfortabel für die Wahlhelfer*innen und die Wählenden. Die ADF argumentiert hier, dass man durchgängig wählen könne, man beim Wählen nicht an bestimmte Standorte gebunden sei und Fehler durch Wahlhelfende sich ausschließen ließen.

Soweit ist das auch richtig. Feste Wahllokale und viele Wahlhelfende sind aber nicht als Schikane für die Wähler*innen eingebaut, sondern bewusste Bestandteile einer Wahl um die Wahlgrundsätze zu wahren und schlussendlich die Legitimation der hierdurch gewählten Gremien zu gewährleisten. Sie stellen z.B. sicher, dass Wahlen richtig ablaufen, dass sie geheim sind. Der große Aufwand dient eben genau dazu, dass eine Wahlmanipulation so schwierig ist und im Zweifel auch auffällt. Die Menschliche Komponente ist dabei nicht (nur) das Problem, sondern der stabilisierende und stützende Faktor. Selbst im Vergleich mit Briefwahl gilt dieses Argument noch: Das Briefgeheimnis und die Dezentralität der Briefe machen erschweren eine Fälschung sehr stark. In diesem Sinne ist das also tatsächlich der „Preis der Demokratie“.

„Contra-Argumente“

Als nächstes beziehen wir uns auf die durch die ADF genannten Contra-Argumente und erklären, warum deren Gegenargumentation keine ist.

Onlinewahlen sind unsicherer

Die ADF beschreibt hier einige Beispiele, warum die IT-Systeme der Universität angreifbar sind. Unter anderem beziehen sie sich auf unsere Umfrage aus dem Januar 2018, bei der wir über den im Stud.IP dafür vorgesehenen Kontakt viele Studierende angeschrieben hatten. Bei Onlinewahlen gäbe es hier viele solcher oder ähnlicher Möglichkeiten. Die einfachsten Angriffe könnten über eine Phishing-Mail das Abstimmungsverhalten von Personen aufdecken. Gefährlichere Angriffe (wobei nichtmal unbedingt deutlich schwieriger umzusetzen), würden es auch ermöglichen einen Abstimmprozess vollständig zu simmulieren und dabei massenhaft Login-Daten abzugreifen und dann für diese Personen abzustimmen. Da hilft es auch nicht, dass der Wahlprozess gar nicht über die Uni-IT, sondern über den externen Anbieter Polyas läuft.

Das Argument, dass ein solcher Angriff zu kompliziert wäre, als dass Uniwahlen ein Ziel sein könnten, unterschätzt nicht nur massiv die Gefahr, sondern auch die Kompetenzen der Mitglieder unserer Universität. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass die Polyas-Server gehackt werden und das Wahlergebnis manipuliert wird. Für eine Phishing-Attacke wie die oben beschriebene braucht es aber letzlich nicht viel mehr als zu Wissen wie man eine Website zu baut und Emails verschickt.

An dieser Stelle noch eine sachliche Richtigstellung des ADF-Artikels: Ein „Bundesministerium für Sicherheit und Informationstechnik“ gibt es in Deutschland nicht, ein entsprechendes „Bundesamt„, welches eine Behörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums ist, hingegen schon. Dieses ist dort gemeint.

Onliewahlen sind unruhiger

Hier argumentiert die ADF vorbildlich dafür, warum Onlinewahlen bereits prinzipiell eine schlechte Idee sind und das Wahlergebnis in letzter Konsequenz delegitimieren.

Eine Urnenwahl ist bewusst so konzipiert, dass man zum Zeitpunkt des Wahlprozesses ganz auf diesen fokussiert ist. So gibt es abgegrenzte Wahllokale, einzelne, nüchtern gehaltene Wahlkabinen, in denen penibel darauf geachtet wird, dass die Stimmabgabe unbeobachtet, also tatsächlich geheim, erfolgt. Es gibt genaue Bestimmungen dazu, in welchem Abstand zu den Wahllokalen Wahlwerbung nicht mehr zulässig ist, sodass die Stimmabgabe tatsächlich unbeeinflusst erfolgt. Schon bei einer Briefwahl können diese Dinge nicht mehr unbedingt aufrecht erhalten werden, allerdings bekommt man hier die Wahlunterlagen immerhin in die eigene Wohnung, die normalerweise von Beeinflussung relativ frei ist (solange die Mitbewohner*innen nicht gerade das Wahlkampflager für eine der antretenden Listen beherbergen).

Eine Onlinewahl hingegen kann überall durchgeführt werden. Von einigen Listen wurde bereits das Konzept der „Wahlparty“ vorgeschlagen: So wird auf einer Party ein Laptop hingestellt und jede*r, die*der auf der Party für die veranstaltende Liste stimmt, bekommt ein Freigetränk (oder auch den ganzen Abend, je nach Finanzstärke der jeweiligen Liste). Als unmittelbare Beeinflussung ist das natürlich sehr problematisch und könnte auch verboten werden, wobei wohl kaum eine Durchsetzbarkeit gegeben wäre. Abgeschwächte Formen davon lassen sich aber beliebig viele finden, zu den subtilsten Varianten gehört z.B. so genanntes Nudging. Wenn z.B. direkt hinter dem Waffelstand ein Laptop steht, an dem man direkt abstimmen kann, dann sehen wir dahin auch ohne irgendeinen Zwang bereits ein Problem.

Mit einer freien Wahl hat das alles nicht mehr viel zu tun. Damit ein Walergebnis glaubwürdig und damit legitim ist, ist es unabdingbar, dass die Wahlen nach Möglichkeit auf bewussten, im besten Fall auch informierten, Wahlentscheidungen beruhen. Selbstverständlich wird es solche Wahlentscheidungen auch im Fall von Onlinewahlen weiterhin geben. Und selbstverständlich gibt es auch bei einer Urnenwahl Menschen, die eher zufällig etwas ankreuzen (unser erster Einzug ins Studierendenparlament 2017 ist der beste Beweis dafür).

Allerdings wird die Quote derer, die ihre Entscheidung entweder unter dem unmittelbaren Eindruck massiver Beeinflussung oder spontan und vollkommen uninformiert treffen, erheblich größer sein.

Weiter argumentiert die ADF damit, dass den studentischen Vertreter*innen versprochen wurde, dass im System implementiert würde, dass die Stimme nach der erstmaligen Abgabe noch verändert werden könne, um so eine „unfreie“ Stimmabgabe im Nachhinein zu korrigieren. Uns liegt im Gegenteil eine Stellungnahme der Rechtsabteilung vor, aus der hervorgeht, dass so eine „Stimmkorrektur“ nicht implementiert werden wird. Dies ist schon technisch beim Polyas-System gar nicht möglich, da dies den Anforderung an die von der ADF selbst erwähnten Zertifizierung widersprechen würde. Eine einmal abgegebene Stimme, etwa im Vollrausch bei einer der oben beschriebenen „Wahlpartys“ bleibt also verbindlich.

Onlinewahlen sind unübersichtlicher

Bei den vor einigen Wochen durchgeführten Testwahl konnten wir sehen, dass die „Usability“, also die Nutzer*innenfreundlichkeit einer herkömmlichen „Papierwahl“ sogar noch Luft nach unten hat, nämlich wenn versucht wird, die entsprechenden Zettel in einer langen, statischen Liste auf einem Computer- oder gar Smartphone-Bildschirm darzustellen.

Die zahlreichen Hinweise der Testwähler*innen könnten hier sicherlich noch für Verbesserungen sorgen, etwa durch Inhaltsverzeichnisse, ausklappbare Listen oder Suchfunktionen (ja, all das war in der Testversion nicht vorhanden). Das Problem wird allerdings bleiben, dass es nicht möglich sein wird, alle Listen gleichzeitig abzubilden. Somit hätten die ersten Listen immer einen systematischen Vorteil, da sie als erstes angezeigt werden. Abhilfe könnte eine zufällige Präsentation der Wahlvorschläge schaffen. Hier könnte eine Onlinewahl also im Hinblick auf den Wahlgrundsatz einer gleichen Wahl (im Sinne der gleichen Chancen für alle Wahlvorschläge) also sogar einen Mehrwert bieten. Leider ist eine solche zufällige Präsentation sowohl im Polyas-System als auch unserer Wahlordnung derzeit nicht vorgesehen.

Wahlbeteiligung

Da wir oben an einigen Stellen die Legitimität des Wahlergebnisses erwähnt haben, müssen wir auch auf die Wahlbeteiligung zu sprechen kommen, da eine hohe Wahlbeteiligung häufig als ein Argument für die Legitimität eines Wahlergebnisses herangezogen wird.

Wie sich eine Onlinewahl bei uns auf die Wahlbeteiligung auswirken wird, ist reine Spekulation. Vergleichbar könnte hier aber die Beteiligung an Online-Umfragen sein. So gab es zu Anfang der Corona-Krise eine Umfrage der Universität zum Thema „technische Voraussetzungen im SoSe 20“, also einem Thema, welches tendenziell sogar mehr Personen anspricht als die Themen, mit denen die Hochschulgruppen üblicherweise im Wahlkampf aufwarten. An dieser Umfrage hatten bei einem Befragungszeitraum von 10 Tagen 17,95% der Studierenden teilgenommen – ein Rücklauf, der für rein online durchgeführte Umfragen schon ungewöhnlich hoch ist.

Bei der Einführung von POLYAS zeigt sich ein gemischtes Bild, oft steigt die Wahlbeteiligung erstmal unmittelbar an, fällt aber auch oft auch wieder etwas ab. An der Universität Jena, an der 2018 Onlinewahlen für die Wahlen zum Studierendenrat eingeführt wurden, hatte sich die Beteiligung von 8,8% auf 21,4% mehr als verdoppelt. In der deutschlandweiten Fachvertretung „Gesellschaft für Informatik e.V.“ hat sich bei der Umstellung von Briefwahl auf Onlinewahl die Wahlbeteiligung um 50% erhöht, allerdings auf ein Niveau, das wenige Jahre davor noch selbstverständlich war. Seitdem ist sie wieder leicht gesunken.

Dagegen betrug die Wahlbeteiligung bei den vergangenen Hochschulwahlen (Wahlzeitraum wie üblich vier Tage) 28,34%, ein Wert, der in Göttingen zwar üblich ist, deutschlandweit aber mit Abstand zu den höchsten gehört. Eine ähnliche Steigerung wie in Jena wäre also in Göttingen eher nicht zu erwarten.

Inwiefern diese beiden Prozentpunkte miteinander vergleichbar sind, ist natürlich fraglich. Anders herum ist natürlich auch bei einer Urnenwahl während des „Hybridsemesters“ mit einem massiven Einbruch der Wahlbeteiligung zu rechnen, wenn die meisten Veranstaltungen online stattfinden und dadurch deutlch weniger Studierende in den Gebäuden der Universität sind.

Zusammenfassung

Wie weiter oben beschrieben gibt es die fünf Wahlgrundsätze, deren Erfüllung ein legitimes Wahlergebnis sicherstellen soll. Nämlich allgemein, geheim, frei, gleich und öffentlich/transparent. Im folgenden fassen wir nochmal zusammen, welche Auswirkung eine Onlinewahl auf diese Grundsätze hätte.

Allgemein

Die ADF ist der Meinung, dieser Wahlgrundsatz wäre bei einer Onlinewahl in Coronazeiten stärker erfüllt. Tatsächlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass eine Onlinewahl ein anderes Barrierenprofil aufweisen. Allerdings lassen sich auch Urnenwahlen in Verbindung mit Briefwahlen weitestgehend barrierefrei gestalten und ein Ausschluss von der Wahl so vermeiden. Wir sehen hier ein vergleichbares Erfüllungsniveau.

Geheim

Für die Sicherstellung der geheimen Wahl ist bei einer Onlinewahl der*die Wählende zuständig. Er*Sie muss sich darauf verlassen, dass das eigene Endgerät nicht kompromittiert (also zum Beispiel gehackt) ist, er*sie nicht auf eine Phishing-Seite hereingefallen ist oder beim Abstimmen während der Vorlesung nicht gerade jemand aus der Reihe dahinter über die Schulter lugt. Letztendlich kann all das nicht immer sichergestellt sein. Der Wahlgrundsatz ist also definitiv weniger deutlich erfüllt.

Frei

Wenn eine geheime Wahl nicht sichergestellt ist, ist potentiell auch immer Freiheit eingeschränkt. Das beste Beispiel dafür sind die oben beschriebenen Möglichkeiten zur Wahlbeeinflussung (z.B. „Wahlpartys“, die darauf beruhen, dass man bei der eigenen Stimmabgabe beobachtet wird, um dafür eine Gegenleistung zu erhalten).
Es muss aber gar nicht so extrem sein. Es reicht schon, wenn an einem Wahlkampfstand der Link zur Wahl steht und man ermuntert wird, doch jetzt direkt abzustimmen. Auch eine solche Abstimmung unter dem direkten Einfluss der Wahlwerbung ist bereits eine unfreie Wahl.

Gleich

Die Gleichheit der Wahl betrifft zum einen die Wähler*innen, die alle genau eine Stimme haben. In dieser Hinsicht ist dieser Wahlgrundsatz weitestgehend erfüllt, außer jemand hackt das System und manipuliert das Wahlergebnis. Ein Problem bei Onlinewahlen ist, dass sowas deutlich schlechter auffällt und niemand ein Interesse an Transparenz hätte, insbesondere auch nicht der Anbieter POLYAS.
Schwerwiegender wirkt sich die Onlinewahl auf den Grundsatz der Gleichheit der Wahlvorschläge aus, da es technisch nicht möglich ist, alle Wahlvorschläge gleichzeitig darzustellen und alle aktuellen Lösungen schlechter abschneiden als die Papierwahl.

Daneben ist die Gleichheit der Wahl zum Studierendenparlament schon durch das in der Satzung vorgeschiebene Sitzzuteilungsverfahren verletzt, weshalb wir der vorletzten Wahl – leider ohne Erfolg – widersprochen hatten und uns auch im Parlament für eine Änderung einsetzen. Abstimmungen hierüber scheitern jedoch seit vielen Jahren unter anderem am Widerstand der ADF. Auch hier zeigt sich leider, dass dieser Gruppe an diesem Wahlgrundsaz nicht viel gelegen ist.

Öffentlichkeit

Der vermutlich schwerwiegendste Eingriff ist der Eingriff in den Wahlgrundsatz der Öffentlichkeit bzw. Transparenz der Wahl. Es muss lückenlos nachvollziehbar sein, was mit der eigenen Stimme geschieht und wie sich das Wahlergebnis aus den abgegebenen Stimmen zusammensetzt.
Das ist bei einer Onlinewahl de facto unmöglich und selbst in der Theorie bisher nicht in vergleichbarem Maße gewährleistet. Selbst wenn der Quellcode offen einsehbar wäre – was er nicht ist – wäre die Wahlhandlung prinzipiell nur für Personen mit den entsprechenden IT-Kenntnissen nachvollziehbar, was ein klares Transparenzdefizit ist. Zwar bietet POLYAS eine Software zur Überprüfung des Wahlergebnis, allerdings liegen sowohl diese Software, als auch die bei der Wahl produzieren Daten unter der Kontrolle von POLYAS, somit hätte der Anbieter sogar gleich zwei Möglichkeiten zu manipulieren.

Fazit und weitere Informationen

Es gibt noch zahlreiche weitere, eher technische, Argumente gegen Onlinewahlen, aber wir wollen uns hier zunächst auf die genannten beschränken.

Auf einer Metaebene übt der Wissenschaftskommunikator Harald Lesch in diesem Youtube-Video Kritik an elektronischen Wahlen. Er bezieht sich dabei auf Wahlcomputer, die Argumente sind jedoch sogar noch in verschärfter Form auf Onlinewahlen anwendbar.

Eine Sammlung mit Links zu weiteren Informationen gibt es z.B. in diesem Pad.

Wir hoffen, wir konnten verdeutlichen, warum wir diesen Wahlen so fundamental kritisch gegenüber stehen. Wir werden uns deshalb in der nächsten Sitzung des Studierendenparlaments vehement gegen die Einführung aussprechen und hoffen, dass wir bis dahin auch andere Fraktionen wie etwa die ADF zur Vernunft bringen können.

Emmy-Noether-Universität Göttingen

Alle aktuelle Informationen zum Vorhaben der Umbenennung finden sich auf dieser Seite.

Das Studierendenparlament der Göttinger Universität spricht sich für eine Umbenennung dieser in
Emmy-Noether-Universität Göttingen
aus.

So beginnt der Text unseres Antrags für die kommende Sitzung des Studierendenparlaments. Es folgt ein knapper Satz dazu, dass der AStA beauftragt wird, einen entsprechenden Prozess in die Wege zu leiten und eine 1 1/2-seitige Begründung, warum die Universität Göttingen in Zukunft nicht mehr den Namen eines Monarchen aus dem 18., sondern den einer Mathematikerin aus dem 20. Jahrhundert tragen sollte. Wir könnten an dieser Stelle wiederholen, warum wir Emmy Noether für die perfekte Namenspatronin unserer Universität halten, verweisen dafür aber lieber auf den Antrag, den wir oben verlinkt haben.

Viel mehr soll es hier darum gehen, was dieser Antrag denn soll. Immerhin hält sich die Bedeutung eines Universitätsnamens im Alltag doch sehr in Grenzen. Gibt es denn keine drängenderen Probleme, die man bearbeiten sollte? Gerade in Corona-Zeiten gibt es da ja bekanntlich unzählige Probleme, zu denen wir uns überhaupt nicht geäußert haben.

Doch, natürlich gibt es die. Und das auch nicht nur in der Krise, sondern immer und zu jeder Zeit. Doch die Welt ist komplex. Wenn wir uns immer nur auf die akuten, vermeintlich drängenden Probleme konzentrieren, verlieren wir den Blick fürs Ganze. Und gerade in Krisenzeiten lohnt es sich, inne zu halten, einen Schritt zurück zu gehen und den Bick zu weiten.

Was bedeutet ein Universitätsname?

Fangen wir also am Anfang an. Was hat eigentlich dieser „Georg August“ mit der Universität Göttingen zu tun? Nicht viel, außer dass dieser vor knapp 300 Jahren Jahren das Geld und eben seinen Namen gegeben hat, um in dieser Stadt eine Universität zu gründen. Selbst auf die anfängliche inhaltliche Ausrichtung hatte er kaum Einfluss, da er dies seinem Minister Münchhausen überließ. Der Name der Universität ist ausschließlich ein Denkmal für die einstmalige Größe und Generösität des entsprechenden Königshauses.

Übrigens ist es so mit vielen Universitäten in Deutschland: In Städten wie Heidelberg, München oder Würzburg tragen die Universitäten wie in Göttingen die Namen der Monarchen, die sie einst gegründet hatten. Nur in wenigen Städten, wie etwa Gießen oder Berlin wurden die Namen großen Gelehrten gewidmet (in diesen Fällen dem Chemiker Justus Liebig und den Gebrüdern Humboldt). Der Grund für diese Umwidmungen waren meist disruptive Veränderungen wie eine faktische Neugründung nach dem zweiten Weltkrieg (Gießen) oder eine ideologische Abkehr vom alten Namensgeber (Berlin). Die meisten Universitäten in Deutschland sind jedoch gar nicht benannt und heißen einfach nur nach ihrer Stadt. Letzteres ist die vermutlich zeitloseste und aus ideologischen Gesichtspunkten ungefährlichste Variante.

Umbenennungen gab es immer

Universitätsumbenennungen finden auch in jüngerer Zeit statt. Ein prominentes Beispiel ist die Universität Greifswald, die 1933 nach dem Dichter Ernst Moritz Arndt benannt wurde und ihren Namen auch nach dem zweiten Weltkrieg weiter behalten hat. Erst nach Protesten und langen Diskussionen entschied man sich im Jahr 2018 schließlich dafür, den Namen aufgrund seines Antisemitismus abzulegen. Man entschied sich für die oben erwähnte „ungefährliche“ Variante einer schnöden Benennung nach der eigenen Stadt.

Doch es geht auch anders herum. Im November 2005 sprach sich der StuRa der damals noch als „Universität Hannover“ bekannten Universität für eine Benennung nach Theodor Lessing, einem der ersten bekannten Todesopfer des Nationalsozialismus, aus. Die Studierendenschaft lehnte in einer Urabstimung diesen Namen ab, eine Diskussion um den Namen war aber entfacht. Schlussendlich wurde die Universität – auch nach einigen tiefgreifenden Veränderungen in der Universitätsstruktur – nach dem Hannoveraner Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz benannt.

Namen – Mehr als Schall und Rauch?

Was also bedeutet der Name einer Universität nun? Im simpelsten Fall ist der Name einer Universität einfach nur eine Ehrung der*s Namensgebers*in (zummindest in Deutschland bräuhte es den Gender-Stern an dieser Stelle gar nicht, da es bei Universitäten bisher ur Namensgeber gibt – ein Umstand, der mit unserem Antrag geändert würde). So ist es bei allen Universitäten, die nach Monarchen benannt sind.
Ein Name steht jedoch immer auch für eine gewisse Identifikation. Diese Funktion ist sogar dann erreicht, wenn die Universität einfach nur den Namen der Stadt trägt, in der sie beheimatet ist.

Im besten Fall jedoch steht der Name für bestimmte Ideale, die mit dem Namen verbunden sind. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Universität nach ausführlicher interner Diskussion selbst den Namen gibt und mit der Umbenennung eine Diskussion um das eigene Narrativ und die Strategie verbindet.

Letzteres muss natürlich auch mit der nun in Göttingen anvisierten Umbenennung einher gehen. Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse in der Exzellenzstrategie vor inzwischen fast zwei Jahren hatten wir strukturelle Konsequenzen und einen breiten Dialog mit allen Statusgruppen zur künftigen Ausrichtung und Strategie der Universität gefordert. Ein solcher breiter universitätsweiter Diskurs blieb bisher aus, stattdessen versank die Universität rund um die Diskussion um den Kandidaten für die Leitung der Universtät im Chaos.

Ein Diskussionsanstoß

Dis Diskussion um die Zukunft der Universität wird seitdem vertagt, weil man erst die Entscheidung über die neue Universitätsleitung abwarten möchte. Doch ist das wirklich so sinnvoll? Viel mehr ist schon wertvolle Zeit verstrichen, die man hätte nutzen können, um Beteiligungsformate zu verschiedenen Themen zu etablieren. Freilich: in den vergangenen drei Monaten war die Universität mit anderen Dingen beschäftigt, man musste im Schnelldurchlauf alle Versäumnisse der vergangenen ca. 30 Jahre wettmachen, was Digitalisierung in Forschung und Lehre angeht.

Doch was nicht war, kann ja noch werden. Mit diesem Vorschlag möchten wir die Universität aus ihrem Dornröschenschlaf aufwecken. Wir möchten eine Diskussion entfachen über die Werte und Ziele, die diese Universität verfolgt. Damit meinen wir nicht, dass gleich das Leitbild der Universtät über Bord geworfen werden soll, das gerade einmal 14 Jahre jung ist und durch das erst zwei Jahre alte „Leitbild Lehren und Lernen“ ergänzt wird. Aber es gibt sicherlich einige Dinge, die eine Universität anders machen würde, wenn sie im Jahr 2020 nochmal von vorne anfangen würde. Gerade aus der derzeitigen Krise lernen wir, dass sich scheinbar festgefahrene Strukturen ändern lassen, wenn man denn nur einen Anlass hat. Einen solchen Anlass möchten wir geben.

Das liebe Geld

Und selbstverständich ist uns bewusst, dass an zahlreichen Ecken und Enden das nötige Geld fehlt. Gerade die Infrastruktur, die in vielen Bereichen massiven Modernisierungsbedarf hat, ist chronisch unterfinanziert. Wenn Geld ausgegeben werden muss, gibt es zahlreiche Dinge, die gemacht werden müssten, bevor irgendwelche Schilder ausgetauscht werden. Und natürlich wäre es damit nicht getan. Das Logo bräuchte ein Redesign, bei der Gelegenheit könnte auch das ganze Corporate Design der Uni ein Update bekommen. All dies kommt nicht umsonst, es kostet Zeit und damit eben auch Geld.

Jedoch ist das Kostenargument als vermeintliches Totschlagsargument häufig lediglich vorgeschoben. Es verhindert eine ernsthafte Debatte darüber, wer wir als Universität sein wollen, wo wir hin wollen und wie wir uns in der Welt präsentieren wollen. Das Kostenargument wird vor allem aus einem Grund herangeführt: Bequemlicheit. Wenn die möglicherweise unbequeme Debatte um diesen fundamentalen Wechsel direkt unterbunden wird mit dem Argument, dass ein mögliches Ergebnis sowieso nicht umgesetzt werden könnte, zeugt dies von einer geistigen Unbeweglichkeit, die man leider nur zu oft an den Universitäten beobachtet.

Eine Entscheidung für Jahrhunderte

Die Umbenennung einer Universität ist eine Entscheidung, die auf gar keinen Fall leichtfertig getroffen werden sollte. Man muss sich bewusst sein, dass es potentiell eine Entscheidung für Jahrhunderte sein könnte. Aus diesem Grund sind wir auch für eine breite Diskussion innerhalb der Universität, die auch nicht nur über den Namen geführt werden sollte. Wir stehen hier am Anfang eines möglicherweise langwierigen Prozesses, wenngleich er hoffentlich nicht die ca. 20 Jahre dauern wird, die es in Düsseldorf oder Oldenburg gedauert hat, bevor die dortigen Universitäten schlussendlich zu ihren heutigen Namen kamen.

Doch jeder noch so lange Weg beginnt irgendwann mit dem ersten Schritt. Und vielleicht ist unser Antrag eben dieser. Vielleicht ist es auch nur ein Schritt in einen Holzweg. Wir werden es nur erfahren, wenn wir den Weg auch tatsächlich gehen.

Neuer AStA im Amt

Am 27. Februar hat das Studierendenparlament in seiner 17-stündigen konstituierenden Sitzung einen neuen linken AStA bestehend aus Grüner Hochschulgruppe, Juso-HSG, Alternativer Linker Liste, Nerdcampus, Die LISTE und SRK in ihre Ämter gewählt und ist damit dem Auftrag der Studierenden gefolgt, den diese im Januar bei den Hochschulwahlen artikuliert haben. Zusätzlich zu den fünf vorgegebenen Referaten wurden fünf weitere eingerichtet, die die politische Schwerpunktsetzung für das kommende Jahr unterstreichen: Digitalisierung & Datenschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit, Gender & Diversity, Soziale Kämpfe und Politische Bildung. Der neue allgemeine Studierendenausschuss nimmt seine Arbeit umgehend auf.

Zum neuen AStA-Vorsitzenden wurde Felix Schabasian (Juso-HSG) gewählt, außerdem sprach das Parlament Pippa Schneider (GHG) als Finanzreferentin, Jannes Rösener (ALL) als Hochschulreferent, Hauke Bruns (Juso-HSG) als Sozialreferent und Johanna Wagner (ALL) als Außenreferentin das Vertrauen aus. Neuer Referent für Digitalisierung & Datenschutz wird Felix „Astarix“ Schelle (GHG). Marco Christl (GHG) übernimmt das Referat für Ökologie und Nachhaltigkeit und Dorothea Hellenthal (ALL) das Referat für Gender & Diversity. Luca Diekgraefe (ALL) ist Referent für Soziale Kämpfe und Sofia Dräger (Juso-HSG) Referentin für politische Bildung. Zudem wird in den kommenden Wochen eine autonome Sachbearbeiter*innen-Stelle für Kultur eingerichtet, die voraussichtlich durch Jakob Kepke und Clara Lindner (beide Die LISTE) ausgefüllt wird.

Zu den allgemeinen Zielen der neuen Koalition gehören eine soziale, nachhaltige, feministische und insgesamt progressive Hochschulpolitik unter Wahrnehmung eines allgemeinpolitischen Mandats, sowie der aktive Kampf gegen gruppenbezogene Diskriminierung. So möchte sie bspw. auch klar antifaschistisch auftreten. Das wohl aufwändigste Großprojekt des kommenden Jahres wird die Wiederauflage eines politischen Campusfestivals sein. Serviceangebote sollen in ähnlicher Form wie in den vergangenen Legislaturperioden durchgeführt werden, werden aber teilweise überarbeitet. Die Koalitionsgruppen haben sich bereits auf eine ausführlichere Agenda geeinigt, die in den nächsten Wochen öffentlichkeitswirksam präsentiert werden wird.

Vorsitzender Felix Schabasian erklärt zur Aufnahme der AStA Arbeit:

Ich bin froh, dass wir diesen AStA stellen dürfen. Wir werden keine Kosten und Mühen scheuen, ihn über das kommende Jahr mit Leben zu füllen. Gerade in Zeiten, wo sich Teile der Gesellschaft von der Wissenschaft abwenden, sich Rechtsradikalismus auf dem Vormarsch befindet und besonders jungen Menschen in der Politik wenig Gehör geschenkt wird, ist es wichtig, dass sich eine starke Studierendenvertretung auch politisch positioniert! Ich lade alle ein, an diesem Projekt teilzunehmen.“

Eine der ersten größeren Arbeiten wird die Erstellung eines Haushaltsplans sein. Finanzreferentin Pippa Schneider führt hierzu aus: „Wir wollen zusätzlich zur Haushaltsaufstellung dieses Jahr im Rahmen eines Genderbudgeting analysieren, wem die zur Verfügung gestellten Mittel nutzen. Dabei sollen die Vergabepraktiken unter queerfeministischen Gesichtspunkten näher beleuchtet werden, sodass dann Maßnahmen für die Haushaltsaufstellung etabliert werden können, die das Erreichen von Gleichstellungszielen ermöglichen.“

Zum erstmals eingerichteten Referat für Soziale Kämpfe erklärt der zuständige Luca Diekgraefe:

Der gewählte AStA wird durch die erstmalige Schaffung eines Referats für soziale Kämpfe die Interessen der Studierenden und darüber hinaus der Arbeitenden an dieser Universität in noch weiterer Weise vertreten: Wir wollen an bestehende Strukturen anknüpfen und die Lebensrealitäten der Studierenden und Arbeitenden verbessern, indem wir uns zum Beispiel für bessere Arbeits- und Wohnbedingungen einsetzen. Außerdem wollen wir Strukturen schaffen, in welchen sich Studierende zum Zweck der politischen Selbstermächtigung zusammen organisieren können.“

Auch andere Bereiche, wie die Systemakkreditierung und eine gute Zusammenarbeit mit den Fachschaften werden den neuen AStA beschäftigen. Lorenz Glißmann (Nerdcampus) erklärt hierzu:

Wir werden uns in zusätzlichem Maße für die strukturelle Verbesserung von Studium und Lehre einsetzen, indem wir uns konstruktiv in die Qualitätssicherungsprozesse der Universität einbringen. Wie auch bei vielen anderen Themen werden wir dazu verstärkt die Vernetzung der Studierendenvertreter*innen der einzelnen Fakultäten fördern, sowohl untereinander, als auch mit dem AStA.“

Referentin für politische Bildung Sofia Dräger summiert bezüglich der neuen Strukturen und ihres eigenen Ressorts:

„Die Einrichtung der neuen Referate zeigt, dass der neue AStA sein politisches Mandat ernsthaft ausfüllen wird. Das Referat für politische Bildung wird mit inhaltlichen Veranstaltungen seinen Teil dazu beitragen, dass die Studierenden sich über die politischen Verflechtungen ihrer Studiengänge informieren, dass rechte Gewalt überall bekämpft und die lebendige Demokratie an der Hochschule und anderswo gelebt wird.“

Warum wir der Wahl zum Stupa widersprochen haben

Heute morgen, am 31. Januar haben wir formalen Einspruch zur Wahl zum Studierendenparlamant der Georg-August-Universität eingelegt. Unser Kernpunkt ist dabei das Sitzzuteilungsverfahren d’Hondt. Das Verfahren bevorzugt stimmenstarke Listen bei der Sitzvergabe und benachteiligt dadurch kleinere Listen.

Nach dem Niedersächsischem Hochschulgesetz (NHG) gelten für die Wahlen der Studierendenschaft Wahlgrundsätze (§ 20 Abs. 2 (2) NHG):

 Das Wahlrecht zu den Organen der Studierendenschaft wird in freier, gleicher und geheimer Wahl ausgeübt.

Zum Grundsatz der Gleichheit gehört auch, dass alle Stimmen möglichst gleich viel „Wert“ sein sollen, also einen möglichst ähnlich hohen Einfluss auf die Anzahl der Sitze im Studierendenparlament haben sollen. Und eben dieser Grundsatz wird durch das Verfahren d’Hondt verletzt.

Das lässt sich am Beispiel der diesjährigen Wahlen recht einfach verdeutlichen:

Wahlergebnisse 2019 in Sitzen (mit Anteil)

Dieses Jahr hat das Studierendenparlament 61 Sitze. Um nun eine konkrete (ganzzahlige) Anzahl an Sitzen für jede Wahlliste zu ermitteln, werden bestimmte Rechnenverfahren eingesetzt, die man Sitzzuteilungsverfahren nennt. Zwei bekanntere Sitzzuteilungsverfahren sind d’Hondt und Sainte-Laguë.

Anzahl der Sitze nach d’Hondt

Der ADF als größter Liste stehen rechnerisch 21,6 Sitze zu, sie erhält aber nach dem d’Hondt’schen Verfahren 23 Sitze. Sie erhält nicht nur aufgerundete 22 Sitze, sondern wird durch einen weiteren Sitz über das ihr zustehende Maß hinnaus bevorzugt. Genauso erhält die Liste „Die Partei“ keinen Sitz obwohl sie mit einem erwarteten Wert von 0,9 Sitzen sehr viel näher an einem Sitz ist, als die ADF an ihrem 22. Sitz. Das Verfahren Sainte-Laguë verhält sich hier grundsätzlich anders. Im Unterschied zu d’Hondt versucht es Sitzanteile möglichst genau in ganze Sitze umzurechnen. In der Tat entspricht das genau dem Wahlgrundsatz der Gleichheit, denn eine möglichst genau Modellierung der Wählerstimmen ist gleichbedeutend mit einer Gleichgewichtung aller Stimmen.

Anzahl der Sitze nach Sainte-Laguë/Schepers

 

Dieses Beispiel zeigt auch gut, warum der U​nterschied zwischen den Verfahren d’Hondt und Sainte-Laguë sehr relevant ist. Typischerweise zeigt sich zwischen den Listen ADF, RCDS und LHG, sowie zwischen den Listen GHG, JuSo, ALL, SRK und der PARTEI eine stärkere Äffinität, diese Gruppen haben in der Vergangenheit bereits in einer Koalition den AStA gestellt.

In diesem Fall verliert der Block ADF, RCDS und LHG bei einem Wechsel auf das Verfahren Sainte-Laguë die Mehrheit, die sie durch die unfaire Struktur von d’Hondt bekommen.

Weiterhin bedeutet das Verfahren d’Hondt bereits seit Jahren eine strukturelle Benachteiligung des linken politischen Spektrums im Studierendenparlament. Dies liegt in der größeren Zahl und dem geringeren Stimmgewicht pro Liste begründet.

Zur Änderung des Sitzzuteilungsverfahrens ist eine 2/3 Mehrheit notwendig, die in der Vergangenheit nicht aufgebracht werden konnte [4]. Da das Verfahren den Wahlgrundsätzen widerspricht und damit nicht den rechtlichen Vorgaben genügt, haben wir uns gezwungen gesehen die Abschaffung dieses Verfahrens nicht länger der demokratischen Selbstkontrolle des Parlaments zu überlassen.

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Quellen und weitere Informationen zum Nachlesen:

Nerdcampus und LiLi als Liste vereint

Wenn ihr euch die offiziellen Hochschulwahl-Veröffentlichungen anschaut, wird euch auffallen, dass die Nerdcampus-Liste zusammen mit der Linksliberalen Liste eine Liste für die Wahlen des Studierendenparlaments bildet. Das bedeutet, dass jede Stimme für die LiLi auch für Nerdcampus zählt und jede Stimme für Nerdcampus für die LiLi. Die Listen agieren sozusagen als gemeinsame „Partei“.

In den vergangenen Jahren traten wir noch getrennt an, also wie kommt es zu der „Fusion“?

Die Linksliberale Liste und Nerdcampus teilen ein grundsätzliches Verständnis davon, wie Hochschulpolitik gestaltet werden sollte. Beide Listen treten engagiert für Transparenz, Effizenz und Digitalisierung im AStA und der Universität ein. Aus diesem Verständnis sind zwei verschiedene Schwerpunkte erwachsen. Nerdcampus tritt einerseits vorrangig für die Interessen des Nordcampus ein und setzt sich für bessere Lernbedingungen und bessere Infrastruktur am Nordcampus ein, andererseits liegt ihnen das Thema „Digitalisierung“ in seinen verschiedenen Aspekten sehr stark am Herzen. Die Linksliberale Liste möchte den AStA effizienter gestalten und die demokratische Kultur wieder stärken. Außerdem setzt sie sich für bessere Lernbedingungen von Geistes- und SozialwissenschaftlerInnen ein. Im Kontrast zu Nerdcampus wirkt sie vornehmlich am Zentralcampus. Wir denken, es ist Zeit aus der individuell erfolgreichen Arbeit ein Kooperationsverhältnis zu machen. Unsere Programme unterscheiden zwar thematisch, sind aber nicht nur kompatibel, sondern ergänzen sich gegenseitig. Unsere gemeinsame Liste ist daher ein großer Gewinn für die Studierendenschaft.

Was bedeutet das für die WählerInnen und die AnhängerInnen der beiden Listen?

Die Kooperation dient primär dazu, effizienter zu arbeiten, Doppelstrukturen zu vermeiden und Programminhalte zu ergänzen. Jede Liste hat nach wie vor eigene Mitglieder, ein eigenes Wahlprogramm und eine unabhängige Agenda. Bald werden wir unser gemeinsames Wahlprogramm veröffentlichen. Beide Listen tragen in gleichem Maße zu diesem Programm bei. Dieses Programm ist das Produkt unserer Kooperation und bietet eine umfangreiche und ausgereifte Verbesserung der Studienbedingungen an Nord- und Zentralcampus

Wir sind sehr glücklich, diese Kooperation nun beginnen zu dürfen. Personelle Kontakte zwischen Nerdcampus und heutigen LiLi-Mitgliedern bestanden schon seit der Gründung von Nerdcampus vor zwei Jahren. Bisher agierten wir in der Zielsetzung vereint, aber als Gruppen getrennt. Es ist ein Gewinn – sowohl für die WählerInnen als auch für uns. Besonders im Wahlkampf können nun ineffektive Doppelstrukturen durch Kooperation und gemeinsames Arbeiten für eine effektivere und offenere Hochschulpolitik abgelöst werden.

Falls Ihr noch Fragen zu unserer Kooperation habt, schreibt uns gerne eine Mail.

Statemet zum Abschneiden der Uni Göttingen in der Exzellenzstrategie

Viele von euch haben es bereits mitbekommen:

In der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern ist unter den bundesweit 57 geförderten Forschungsclustern aus Göttingen nur der Cluster „Multiscale Bioimaging: From Molecular Machines to Networks of Excitable Cells“ dabei. Den beteiligten Forscherinnen und Forschern aus der Medizin, Physik, Chemie, Biologie, Mathematik und zwei Max-Planck-Instituten gratulieren wir an dieser Stelle und wünschen Ihnen viel Erfolg mit ihrer Forschung an diesem wichtigen Themengebiet!

Leider geht mit dieser Entscheidung jedoch einher, dass die Universität sich in der zweiten Runde der Exzellenzstrategie nicht auf den Titel als „Exzellenzuniversität“ bewerben kann. Dies ist auch aus Studierendensicht bedauerlich, da mit diesem Titel eben nicht nur eine große Reputation, sondern auch viele Millionen an Fördergeld an die Uni gekommen wären, die zu einem Teil auch einer exzellenten Lehre hätten zugute kommen können.

Doch möchten wir nicht in das allgemeine Wehklagen und die Forderungen nach personellen Konsequenzen mit einstimmen, die nun unvermeidlich aus den verschiedensten Ecken laut werden.

Im Gegenteil: Wir sind froh, dass das ganze damit durch ist und der Universität Göttingen nun ein großer Konformitätsdruck genommen ist, denn das gibt ihr Raum um die weitere Entwicklung zu planen und hierbei auch mal Wege zu gehen, die man bei einer reinen Fokussierung auf den Exzellenzstatus vielleicht gescheut hätte.

Wir fordern von der Universität daher keine personellen, sondern viel mehr strukturelle Konsequenzen. Jetzt ist die Zeit, um mit allen Statusgruppen in einen breiten Dialog zu treten, was die Strategie der Uni sein soll, wie strukturelle Großprojekte wie die Systemakkreditierung oder die Stärkung digitaler Kompetenzen im Studium in Zukunft ausgestaltet werden soll und welche Großprojekte in Zukunft angegangen werden sollten. Eine massive Stärkung der Hochschuldidaktik und der Lehramtsausbildung könnte hier zum Beispiel ein Weg sein, den wir gehen könnten.